Kieler Genomsequenzierungs-Zentrum geht in die zweite Förderrunde
Die DFG fördert das Kompetenzzentrum für Genomanalysen CCGA an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bis 2023 weiter
Hier wurden molekulare Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf gefunden, wichtige Zusammenhänge bei chronischen Entzündungserkrankungen aufgedeckt, die Genome wichtiger Modellorganismen entschlüsselt und neue Krebsmutationen entdeckt: Das Kompetenzzentrum für Genomanalysen CCGA an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, zählt zu den größten akademischen Sequenzierstandorten deutschlandweit und bietet eine wichtige Infrastruktur insbesondere für das Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) und den Forschungsschwerpunkt Kiel Life Science (KLS) der CAU. Wissenschaftliche Schwerpunkte sind die Entschlüsselung der molekularen Ursachen chronisch-entzündlicher Erkrankungen, die Untersuchung der komplexen Beziehungen von Lebewesen mit ihren besiedelnden Bakterien in der Mikrobiomforschung und die genetische Untersuchung von archäologischen Funden. Das CCGA wurde im März 2018 als eines von deutschlandweit vier Zentren für Hochdurchsatz-Sequenzierungen im Kompetenznetzwerk Next Generation Sequencing mit einer Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) eingerichtet, vorerst für drei Jahre. Die DFG hat nun beschlossen, die Förderung des Kompetenznetzwerks bis 2023 zu verlängern.
„Eines von vier NGS-Kompetenzzentren steht an der Kieler Universität. Das unterstreicht, welche herausragende Expertise an unserer Universität im Bereich der Hochdurchsatzsequenzierung vorhanden ist. Für die Gründung und den Erfolg des CCGA waren auch die wissenschaftlichen Strukturen, die durch den Vorgänger des aktuellen Exzellenzclusters PMI entstanden sind, sehr wichtig. Die erneute Förderung sichert die zukunftsweisende, exzellente Forschung im Kieler Kompetenznetzwerk, insbesondere im lebenswissenschaftlichen und medizinischen Bereich“, betont die Präsidentin der CAU Professorin Simone Fulda.
„Die erneute Förderung durch die DFG ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine Verstetigung dieser wichtigen Infrastruktur. Das ist insbesondere für Arbeit des Exzellenzclusters von großer Bedeutung. Viele Mitglieder nutzen diese Strukturen und tragen gleichzeitig zum Erfolg des CCGA bei“, sagt Professor Philip Rosenstiel, Sprecher des CCGA, Mitglied im Exzellenzcluster PMI und Direktor des Instituts für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und des UKSH und Mitglied im SFB 1182 “Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen”.
Unter (DNA-)Sequenzierung versteht man die molekularbiologische Analyse zur Entschlüsselung der Erbinformation von Organismen, die die genaue Abfolge der DNA-Bausteine bestimmt. Da die DNA eines Organismus den gesamten Bauplan für diesen und seine Funktionen enthält, ist die Sequenzierung der Schlüssel für unzählige biomedizinischen Fragestellungen. So können mit ihrer Hilfe etwa Gene gefunden werden, die bestimmte Krankheiten verursachen oder begünstigen. Die ersten Techniken wurde Ende der 1970er Jahre entwickelt. Die heute genutzten Verfahren sind um Größenordnungen leistungsfähiger als noch vor einigen Jahren und werden unter dem Begriff „Next Generation Sequencing“ (NGS) zusammengefasst. Mit der stetig leistungsfähiger gewordenen Technik ist in den letzten Jahren eine vollkommen verborgene Welt zugänglich geworden: So lässt sich heute der gesamte genetische Code eines Menschen, das Genom, oder sogar der Funktionszustand von zehntausenden Einzelzellen innerhalb weniger Stunden vollständig entziffern. Zum Vergleich: Die Sequenzierung des menschlichen Genoms hat noch vor wenigen Jahren noch mehrere Wochen in Anspruch genommen.
Das NGS-Kompetenznetzwerk (NGS-CN) ist eine von der DFG geförderte Initiative, die sich aus vier NGS-Kompetenzzentren in Deutschland zusammensetzt. Dazu zählen das Westdeutsche Genomzentrum (WGGC), eine Kooperation unter Leitung der Universität Köln, an der auch die Universitäten Bonn und Düsseldorf beteiligt sind, das NGS Competence Center Tübingen (NCCT) an der Universität Tübingen, das Dresden-Concept Genome Center (DcGC) an der Technischen Universität Dresden und das Competence Center for Genomic Analysis Kiel (CCGA) an der Universität Kiel. Die Zentren fungieren auch als Dienstleister für externe Forschende, die hier eigene im Rahmen der DFG-Initiative geförderte Sequenzierprojekte durchführen können. Die Zentren selbst sind dabei bereits in der Projektplanung involviert und liefern für die gewonnenen Daten eine erste bioinformatische Auswertung.
„In den vergangenen Jahren haben wir durch diese Technologie in eigenen Projekten und gemeinsam mit Partnern zu herausragenden Erkenntnissen beitragen können“, sagt der Co-Sprecher des CCGA, Professor Andre Franke, der auch Direktor des IKMBs und ebenfalls Mitglied im SFB 1182 “Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen” ist. „Auch in der aktuellen Corona-Pandemie hat sich die Infrastruktur als leistungsstark bewiesen. So konnten wir beispielsweise mithilfe der Sequenziertechnologie bestimmte Zelltypen im Blut identifizieren, die schon früh auf einen schweren COVID-19-Verlauf hinweisen“, so Franke weiter.
Für das CCGA sind neben der CAU Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sechs weiteren Institutionen vertreten: dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, dem Forschungszentrum Borstel, der Universität zu Lübeck, dem Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön, dem Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen und der Universität des Saarlandes. Gemeinsam tragen sie mit ihrer jeweiligen Expertise dazu bei, Beratung für neue Forschungsprojekte und Unterstützung bei der Analyse der riesigen Datenmengen zu liefern.
Weiterführende Links:
Kompetenzzentrum für Genomsequenzierungen (CCGA):
www.ccga.uni-kiel.de
Kontakt:
Prof. Dr. Philip Rosenstiel
Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB)
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
0431-500-15111
p.rosenstiel@mucosa.de
Prof. Dr. Andre Franke
Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB)
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
0431-500-15110
a.franke@ikmb.uni-kiel.de